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Medizinische Ethik bei
Hildegard von Bingen
G. Gresser
Einführung
Hildegard von Bingen (1098-1179), die Prophetin, Äbtissin, Heilkundige, Visionärin Naturforscherin, Dichterin, Komponistin und heilige Frau kann auch heute, 900 Jahre nach ihrer Geburt, Antworten auf zentrale Fragen nach einer zeitgemäßen ärztlichen Ethik geben. Ihre Schriften zeichnen sich durch großen Reichtum und ein sehr breites Spektrum aus, ganz gleich ob es dabei um anthropologische und kosmologische, theologische und spirituelle Aspekte geht. Ein direkter und unmittelbarer Zugang zu dieser Frau und zu dem von vielen Umbrüchen gekennzeichneten 12. Jahrhundert ist vor dem Hintergrund der Entwicklung von nunmehr über 800 Jahren mit ihrem konfessionellen Pluralismus und den Folgen von Aufklärung und Säkularisation nicht möglich. Hildegard nimmt darin einen ganz eigenen Platz ein [8]. Das 12. Jahrhundert ist geprägt von so mächtigen Gestalten wie Bernhard von Clairvaux, Hugo von St. Victor, Johannes von Salibury, Gerhard von Cremona, Rupert von Deutz und Abelard. Es ist die Zeit Kaiser Friedrich 1. Barbarossas und so bedeutender Päpste wie Innozenz 11., Hadrian IV. und Alexander Ill.; die mächtigen Spannungen werden deutlich im Titel der großen Historia de duabus civitatibus eines Otto von Freising. Es ist das Zeitalter der großen Neuansätze in den Naturwissenschaften, der Jurisprudenz, der Theologie, aber auch der Häresien und Ketzer, des Wunder- und Mirakelglaubens. Hinzu treten die ersten tastenden Schritte der Frühscholastik, in der der Reichtum der Kirchenväter bald seine Früchte finden sollte. Von all diesem ist Hildegards Weltbild sicher mitgeprägt, aber an keiner Stelle sind sichere Einflüsse oder direkte Abhängigkeitsverhältnisse nachzuweisen (Die neuesten Ansätze dazu bei Laurence Moulinier [25]).
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